Plädoyer für Bundeskanzlerkandidatur von Sahra Wagenknecht

14.03.2018, Berlin: Sahra Wagenknecht (Die Linke) gratuliert Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU) nach der Wahl zur Bundeskanzlerin im Reichstagsgebäude. Foto: Gregor Fischer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

 

Die Einheit des Vaterlandes sei erst vollendet, wenn eine Frau Bundeskanzler sei und aus dem Osten käme, hieß es von vielen Seiten um die Jahrtausendwende und auch ich, ein zehn Jahre langer Kritiker der „Niedervereinigung“ nickte stets bei dieser Vorstellung. Das war vor der Kanzlerschaft von Frau Merkel.

Die Konservativen in der alten Bundesrepublik, die vielleicht zu Anfang noch geglaubt hatten, damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen zu haben, indem sie nicht mehr als Bewahrer des Adenauer`schen männerdominierten politischen Systemes, welches der Enge des Rheintales entsprungen ist, sondern quasi als moderne Veränderer, die eine Frau zur Chefin wählen, mußten schon bald erkennen, daß sie mit der Weite der brandenburgischen Kartoffeläcker und mecklenburg-vorpommerischen Wald und Seenlandschaft sich eine ebensolche belanglose Herrschaftszeit beschert haben, wie es jegliches Krisenmanagement von BK Merkel uns 16 Jahre lang in Finanz- Flüchtlings- und Coronakrise unter Beweis stellen: es passiert eigentlich nichts aufregendes, rollte dafür aber stetig und unausweichlich über uns hinweg, bis alles plattgemacht wurde, was einst hochgehalten wurde, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit.

Dabei fing alles so schön an. Nach dem derben Macho Gerhard Schröder, der den Kohl`schen Reformstau beseitigte, indem er mit der Kettensäge durch das soziale Netz ging, das Hartz – Regime, Leiharbeit und Riesterrente als Massenverarmungsmittel einsetzte und mit seinem pazifistischen Außenminister den ersten deutschen Angriffskrieg nach 1945, sowie die Besetzung Afghanistans eintütete, wollte die Bevölkerung keine „Politik der ruhigen Hand“ sondern einfach tatsächlich mal in Ruhe gelassen werden. Frau Merkel machte aus den Mühe der Ebenen Mühen der Bodensenken allerdings aber auch aus den Mühen der Berge Mühen der Abgründe.

Die Enttäuschung über die erste Frau Bundeskanzler der BRD war ausgrechnet unter ihren Landsgenossen der ehemaligen DDR am größten und formierte sich über viele Jahre, brach aber erst mit der so genannte „Flüchtlingskrise“ so richtig sichtbar hervor. DDR-Bürger sind im Prinzip eher konservativ geprägt worden, wenn auch im Kollektiv und in Solidarität geschult, aber selbst wenn sie leidensfähiger sein mögen als „Wessis“ sind sie dennoch weniger bereit Errungenschaften so einfach mir nichts Dir nichts über Bord zu werfen, denn dafür sind sie 1989 nicht auf die Straße gegangen. Als die „Ossis“ ihre Mutti DDR gegen ihre Geliebte BRD eintauschten, mussten sie die übliche Erfahrung machen, daß die Geliebte als Mutti meist nicht so gut ist. Die inoffizielle Amtsbezeichnung für Frau Merkel, „Mutti“, bekam bald einen bitteren Beigeschmack.

Jetzt, 32 Jahre später stehen wir wieder einmal an einer Zeitenwende und es ist wie 1989 an uns Bürgern, die neue Zeit zu gestalten. Das alte Regime liegt wie damals in seinen letzten Zügen, die Elite erstickt in Vetternwirtschaft und Korruption, die sich durch die gesamte Parteienlandschaft und Medien zieht. Eine Hand wäscht die andere und trotzdem ist keine sauber und das in Zeiten, in denen uns eingetrichtert wird, daß die Hygiene das oberste Staatsziel sein muß. Aus der dem Rechtsstaat BRD wurde ein Staat, der immer Recht hat, die deutsche Tugend des Mitläufertums ergeht sich in vorauseilendem Gehorsam und Blockwartmentalität, die viele an sich aufgeklärte Menschen allen ernstes für linke Solidarität halten, reaktionäre Kräfte fürchten nun andererseits die Einführung des Kommunismus, weil ihnen Urlaubsreisen verwehrt und Autofahren verteuert werden.

Die Zeit erfordert nun eine unbestechliche Führung, die beide Systeme ausreichend analysiert hat, um nicht Fehler aus der Vergangenheit zu wiederholen und uns so in die neue Zeit mit mehr Demokratie, mehr Freiheit, mehr sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit, nachhaltigem Ressourcenmanagement und fairem Wirtschaftssystem, sowie einer emanzipatorischen Gesellschaft zu führen.

In der deutschen Politik gibt es derzeit nur einen Namen, der für diesen „Dritten Weg“ glaubhaft und kompetent steht: Sahra Wagenknecht. Der Sozialismus bot eine politische Alternative, aber keine Wahl. Der Kapitalismus bietet die politische Wahl, aber keine Alternative. Jetzt ist die Zeit gekommen, über den eigenen Tellerrand zu schauen und die Weichen für die Zukunft zu stellen, denn in die Zeit vor dem Umbruch mit dem größenwahnsinnigen Wachstsumsfetisch des Neoliberalimus, der brutalen Ausbeutung von Natur und Mensch, der sozialen Kälte des Wirtschaftsstalinismus und der Euro-Apartheid will doch ernsthaft niemand mehr zurück! Packen wir es an, denn wer, wenn nicht wir, wann wenn nicht jetzt, rief Rosa Luxemburg vor 102 Jahren und hatte Recht!

 

Der Autor war 16 Jahre lang mit Sahra Wagenknecht verheiratet und ist mit ihr auch heute noch freundschaftlich verbunden.